Der Werdenberger Binnenkanal soll in Sevelen auf einer Strecke von rund zwei Kilometern naturnah gestaltet werden. Das bestehende Gerinne wird Richtung Osten verschoben und neu im Wald geführt. Für die ökologische Aufwertung wird mit Kosten von rund sechs Millionen Franken gerechnet.
Von Ralph Dietsche
Der ökologische Zustand des heutigen Binnenkanals in Sevelen ist schlecht. Hinzu kommt, dass der trapezförmige Kanal über 130 Jahre alt und damit stark sanierungsbedürftig ist. Deshalb hat sich das Werdenberger Binnenkanal-Unternehmen frühzeitig über die künftigen Investitionen Gedanken gemacht und ein umfassendes Revitalisierungsprojekt erarbeitet. Dieses liegt nun vor und kann vom 21. Juni bis am 30. Juli 2021 auf der Gemeindeverwaltung in Sevelen eingesehen werden. Interessierte Personen und Organisationen sind eingeladen sich bereits vor dem Auflageverfahren zu den Planungen zu äussern. Als Vorbild für die naturnahe Gestaltung des Werdenberger Binnenkanals in Sevelen dient der Abschnitt ARA Buchs bis Ochsensand. Das im Jahr 2017 in Buchs abgeschlossene Projekt gilt national als Vorzeigeprojekt. Der Lebensraum für Tiere und Pflanzen hat sich in den vergangenen Jahren positiv entwickelt und die Erwartungen übertroffen. Zudem wurde der revitalisierte Teil des Binnenkanals zu einem beliebten Naherholungsgebiet für die Bevölkerung.
Der ökologische Zustand des heutigen Binnenkanals in Sevelen ist schlecht. Deshalb soll er nun aufgewertet werden. Foto: Ralph Dietsche
Auencharakter stärken
In Sevelen soll der Abschnitt von der Rheinstrasse bis zur Einmündung des Sevelerbachs, bei der Gemeindegrenze zu Buchs, naturnah gestaltet werden. Zu diesem Zweck wird der heutige, gradlinig verlaufende Kanal Richtung Osten verschoben und neu im Wald geführt. Dadurch wird der Auencharakter verstärkt. Die Breiten, Tiefen und Böschungsneigungen des neuen Gewässers werden unterschiedlich ausgestaltet, damit für möglichst viele einheimische Pflanzen und Tiere ein wertvoller Lebensraum erschaffen wird. Zudem sollen verschiedene Wasserläufe, Überschwemmungsflächen, Inseln und Tümpel zur Aufwertung beitragen. Davon profitieren die Vögel, die Reptilien und Säugetiere des Auwaldes sowie die Lebewesen im Wasser. «Der Werdenberger Binnenkanal ist ein Äschengewässer von nationaler Bedeutung. Für die Äsche besonders wichtig ist die Strukturierung der Gewässersohle», erklärt Christian Schwendener, Beauftragter Gewässerschutz Fischereiverein Werdenberg. Wie der revitalisierte Gewässerabschnitt in Buchs zeigt, fühlt sich nicht nur die Äsche im neu geschaffenen Naturparadies wohl: «Früher lebten dort fast nur noch Regenbogenforellen und Äschen. Inzwischen haben viele weitere Fischarten den neuen Lebensraum entdeckt. Unter anderem die vom Aussterben bedrohte Nase. Aber auch die Bachforelle, Barbe, Groppe, Schmerle, Elritze, Alet und der Hecht. Ich bin überzeugt, dass sich der Fischbestand in Sevelen ähnlich entwickeln wird. Das Ganze ist stark abhängig vom vorhandenen Nahrungsangebot. »
Alle profitieren vom Naturparadies
Heute ist der Werdenberger Binnenkanal in Sevelen etwa sechs Meter breit. Dieser wird nach Abschluss der Gewässerumleitung verfüllt und dient als Fruchtfolgefläche. Künftig wird das neue, modellierte Gewässer an gewissen Stellen auf bis zu 45 Metern aufgeweitet. Die Strukturvielfalt und Vernetzung der Lebensräume verbessern die Diversität. «Mit dem Revitalisierungsprojekt übernehmen wir Verantwortung und leisten einen Beitrag zur ökologischen Aufwertung. Sevelen erhält mit diesem Projekt eine neue Naturoase», ist Peter Engler, Präsident der Ortsgemeinde Sevelen überzeugt. Die Realisierung des ökologisch wertvollen Projekts ist nur dank dem Entgegenkommen der Grundeigentümer, der Ortsgemeinde Sevelen und dem Landwirt Andreas Giger, möglich. «Wir sind dankbar, dass wir bei allen Beteiligten mit unserem Projekt auf offene Ohren stossen und sind zuversichtlich mit allen Lösungen zu finden, damit die naturnahe Gestaltung des Binnenkanals realisiert werden kann», zeigt sich der Seveler Gemeindepräsident Eduard Neuhaus erfreut, welcher zugleich das Werdenberger Binnenkanal-Unternehmen präsidiert.
Finanzierung schon fast gesichert
Für die rund zwei Kilometer lange ökologische Aufwertung wird mit Kosten von etwa sechs Millionen Franken gerechnet. 65 bis 80 Prozent dieser Kosten werden durch Unterstützungsbeiträge von Bund und Kanton gedeckt. Zudem wurde vom naturemade star-Fonds von ewz bereits ein namhafter Unterstützungsbeitrag zugesichert. Die Restkosten sollen durch das Werdenberger Binnenkanal-Unternehmen, die Gemeinde Sevelen, die Ortsgemeinde Sevelen sowie Stiftungen und Spenden gedeckt werden. «Ich bin überzeugt, dass uns ein weiteres Vorzeigeprojekt gelingen wird und wir entsprechende Unterstützungsbeiträge erhalten werden», sagt Eduard Neuhaus. Wenn alles planmässig läuft, wird die Auflage des Projekts diesen Herbst erfolgen. Wann mit dem Bau begonnen werden kann, steht noch offen. Insgesamt wird mit einer Bauzeit von einem Jahr gerechnet.
Der Werdenberger Binnenkanal soll in Sevelen ökologisch aufgewertet werden und künftig im Wald im Hintergrund verlaufen. Das Aufwertungs-Projekt wird von Landwirt Andreas Giger (v.l.), Eduard Neuhaus, Gemeindepräsident und VR-Präsident des Werdenberger Binnenkanals-Unternehmen, Christian Schwendener vom Fischereiverein Werdenberg und Peter Engler, Präsident der Ortsgemeinde Sevelen, unterstützt. Foto: Ralph Dietsche